Narzissmus hat in unserer Gesellschaft – und auch in den Unternehmen – massiv zugenommen. Viele meinen sogar, dass narzisstisches Verhalten heute fast unabdingbar ist. Denn der typische Narzisst, selbstbezogen und rücksichtslos, erfüllt vorzüglich jene Bedingungen, die in der Wirtschaft gefragt sind. Damit hat er natürlich perfekte Chancen, eine exzellente Karriere zu machen!

Mehr und mehr Menschen sind im beruflichen Kontext ausschließlich in eigener Sache unterwegs. Ihr Interesse an anderen ist äußerst begrenzt, sie brauchen ihre Mitarbeiter als bloße Bewunderer und idealerweise Jasager. Dummerweise merken viele Menschen diesen Missbrauch durch ihre Vorgesetzten oder Kollegen nicht sofort. Denn auf den ersten Blick ist der versierte Narzisst ein wahres Charmbündel, das die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich zieht und im glorreichen Mittelpunkt steht. Genau deshalb gibt es in den Führungsebenen der Unternehmen immer mehr dieser Spezies, da dieses Verhalten dort als erfolgreich angesehen wird.

Narzissten sind meist klug, witzig und verführerisch. Damit gewinnen sie schnell erste Sympathien. Lernt man sie jedoch besser kennen, verdunkelt sich dieses positive Bild rasch und dramatisch. Mitarbeiter und Kollegen erkennen dann, dass die, die man anfangs so überzeugend fand, nur von sich selbst reden, mit ihren Erfolgen prahlen und süchtig sind nach permanenter Aufmerksamkeit und Bestätigung. Überzeugt von der eigenen Brillanz und Überlegenheit idealisieren sie alles, was sie selber leisten. Sie erwarten ausschließlich positive Resonanz und reagieren schon auf die kleinste Kritik mit unverhältnismäßigen Ausbrüchen oder beleidigtem Rückzug.

Wer es wagt einen Narzissten zu kritisieren, macht sich schnell der „Majestätsbeleidigung“ schuldig und riskiert, dass dieser sich in seiner einzigartigen Grandiosität infrage gestellt sieht, eine Schweigemauer aufzieht und unerreichbar wird. Der Supergau für ganze Belegschaften, sollte sich ihr direkter Chef in der Narzisstenrolle gefallen!

Speziell was Führung anbelangt, befinden sich Unternehmen jedoch im Moment in revolutionären Veränderungsprozessen, die neue Skills voraussetzen. Weg von der Ellbogenmentalität hin zu Teamwork, Kreativität, sozialer Intelligenz, Selbstführung und hohen digitalen Kompetenzen. Die Aufgabe der Führungskräfte der Zukunft ist es, junge Menschen dazu zu befähigen, mit und neben Maschinen zu arbeiten, die immer intelligenter, immer stärker vernetzt sein werden, statt mit ihnen zu konkurrieren. Und wenn wir uns nicht jener Werte entsinnen, die Maschinen ganz sicher nie offerieren können, Emotionalität, menschliches Verständnis und Empathie, werden wir diesen Konkurrenzkampf ganz sicher verlieren!

Und damit wird glasklar, dass Narzissten als Mitarbeiter wie als Führungskräfte keinen Platz mehr in Unternehmen haben dürfen! Damit Unternehmen zukunftssicherer und tragfähiger werden, braucht es genau das Gegenteil von Narzissten, ansonsten droht langfristig der unternehmerische Absturz!

Wie also kann die Herrschaft der Narzissten in den Unternehmen gestoppt werden? Gesellschaftlich gesehen könnte paradoxerweise gerade die Covid-Pandemie einen Wendepunkt bringen. Vielleicht besinnen sich die Menschen vermehrt auf die wahren Werte der Gesellschaft, wie den sozialen Zusammenhalt und werden bescheidener. Vor allem auf Bescheidenheit käme es an, sie ist das genaue Gegenteil von Narzissmus. Denn nur wer bescheiden ist, sieht sich selbst realistisch, kann seine Stärken und Schwächen einschätzen und begegnet anderen mit echtem Interesse. Und genau das braucht die neue Führung!