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Die verschiedenen Machttypen (2) – „Die Machtverweigerer“

Aus dem letzten Beitrag wissen Sie, wie Machtmenschen ticken.* Heute beschäftigen wir uns mit ihrem diametralen Gegenstück. Nämlich jenen Menschen, die Macht vollständig ablehnen oder dies zumindest versuchen. Denn, Macht ist omnipräsent, wie ich immer wieder feststelle und deswegen kann ihr sowieso niemand entkommen. Die machtlosen Menschen dieser Welt müssen diese Tatsache oft auf sehr schmerzvolle Art und Weise erkennen.

Wenn jemand bewusst die Machtlosigkeit wählt …

Machverweigerer sind Menschen, die alles, was nur annähernd mit Macht zusammenhängt, aus tiefstem Herzen ablehnen. Sie machen die „Macht der anderen“ für alle Probleme dieses Planeten verantwortlich. Sie sehen alles, was machtvoll getan oder durchgesetzt wird, als negativ und schädlich an. Ihre Machtablehnung ist rigoros und rigide. Aber, ist es in einem Leben, im beruflichen, wie im privaten Bereich, wirklich möglich, so gänzlich machtlos vor sich hin zu leben?

Ich bin überzeugt, das ist nicht der Fall. Immer wieder konnte ich in meinen langen Jahren in großen Unternehmen feststellen, dass hier meist ein Paradoxum entsteht. Gerade durch das totale Negieren der Macht und ihrer Spielregeln geraten die Machtverweigerer hilflos zwischen alle Fronten der Machtspiele anderer. Da sie dem machtvollen Gebaren anderer nichts entgegenzusetzen haben, werden sie in solchen Situationen beliebte Spielbälle zwischen den Machtwellen. Oder sie werden vollkommen ignoriert und kommen nicht weiter. Dann stehen sie enttäuscht, verletzt und entsetzt vor den Trümmern und geplatzten Ideen, die sie wieder einmal nicht durchsetzen konnten. Ohne sich darüber klar zu sein, dass nur sie selber durch ihr bewusst machtloses Verhalten in diese Situation geraten sind.

Was charakterisiert die Machtverweigerer?

Ihr ganzes Leben lang weichen sie Konflikten grundsätzlich aus und geben nach. Wichtig für ihre Lebensbalance ist, dass sie sich zu den „braven“ Menschen zählen können. Sie versuchen immer wieder, die Gesellschaft zu verbessern und setzen vor allem auf innere Werte. Man könnte sie auch Gutmenschen nennen. Gutmenschen des Genres „viele noble Ideen, aber keine Umsetzung“. Werte sind sicher wichtig, aber sich nur darauf zu verlassen, ist in einem erfolgreichen Leben einfach nicht möglich. Die Machtverweigerer hinterfragen ständig ihr eigenes Handeln und das der anderen. Dieses Verhalten und Denken ist aber immer durch den Filter der rigorosen Machtablehnung geprägt. Durch ihre strikte Weigerung, sich mit der Macht auseinanderzusetzen, erlangen diese Menschen niemals Machtkompetenz. Sie kennen dadurch auch keine offenen und direkten Machtinstrumente. Dazu kommt, sie müssen enorm viel Energie aufwenden, um der Macht ständig auszuweichen oder sich vor dieser zu drücken. Das ermüdet und macht kraftlos.

Die subtile Macht der Machtverweigerer

Ja, wie können diese Menschen denn überhaupt überleben, fragen Sie sich jetzt vielleicht. Sie überleben, weil sie sehr oft und sehr wirksam ihre Gefühle als Machtmittel einsetzen. Das passiert meist unbewusst. Weil offiziell ist „man“ ja gegen die Macht! Außerdem setzen sie auch sehr friedliche Formen von Macht ein. Sie verhandeln viel oder informieren gerne. Das sind bereits leichte Machtinstrumente. Würden die Machtverweigerer nicht so agieren, könnte kein einziger dieser „Gutmenschen“ erfolgreich arbeiten oder seinen Lebensunterhalt verdienen Sie verfügen also durchaus über eine gewisse Basis-Machtkompetenz. Darauf angesprochen, streiten sie das allerdings rigoros ab. Mit ihnen über Macht zu sprechen, ist schlicht unmöglich. In solchen Gesprächen werden sie meist sehr schnell emotional und beklagen sich bitter über die „bösen“ Machtmenschen.

Wer braucht machtlose Mitarbeiter?

In der beruflichen Welt gelten die Machtverweigerer bei ihren Kollegen als „lieb, nett und pflegeleicht“. Mit so einem Verhalten ist in der heutigen Wirtschaftswelt jedoch kein Blumentopf zu gewinnen. Viele Machtverweigerer halten in der fordernden Arbeitswelt nicht lange durch. Sie verzweifeln und sehen sich so fälschlich verstärkt als Opfer der Machtintrigen anderer. Mit einer Monokultur an „guten“ Machtverweigerern als Mitarbeiter können Unternehmen im globalen Wettbewerb nur untergehen. Denn nicht der wärmende Kuschelkurs führt zum Erfolg, sondern ein klares betriebswirtschaftliches Kalkül. Machtverweigerer verfügen über diese Fähigkeit eindeutig nicht. Sie setzen ihre Ziele und Vorgaben meist nicht oder nicht ausreichend um und dümpeln machtlos im seichten (Unternehmens-) Wasser vor sich hin. Sie verschaffen sich nie machtvoll Gehör mit ihren Ideen, haben kaum Einfluss und verfügen über keine der so wichtigen Netzwerke innerhalb eines Unternehmens. Wenn es in Krisenzeiten darum geht, sich von einigen Mitarbeitern trennen zu müssen, wer wird der Führungsriege als erstes in den Sinn kommen? Die flammenden, machtvollen Kämpfer für ihre eigene Causa und die des Unternehmens, oder den saft- und kraftvollen Machtverweigerer, der mild vor sich hin lächelt und auf das Gute wartet? Es ist gefährlich, vollkommen machtlos durchs Leben zu gehen. Genau so, wie es brandgefährlich ist, skrupellos die eigenen Machtgelüste zu befriedigen.

Und aus diesem Grund sehen wir uns im nächsten Beitrag den goldenen Mittelweg der Macht an. Da werde ich Ihnen den Machtvirtuosen vorstellen!

Link zum Originalartikel auf www.agitano.com